Scrum-Insel-Spiel: La Insula Petunia

Für die ProXLab-Mastervorlesung „Agiles Projektmanagement“ wurde im Wintersemester 2021/2022 das Scrum-Insel-Spiel entwickelt. Es basiert auf Eindrücken aus einem Product Owner-Workshop mit der BBHT Beratungsgesellschaft mbH & Co. KG aus Münster und wurde für den Kurs weiterentwickelt.

Hintergrund und Zielstellung

Das Scrum-Insel-Spiel „La Insula Petunia“ ist im Rahmen des Masterkurses Agiles Projektmanagement im Wintersemester 2021/2022 entstanden. Ziel des Spiels ist es, gemeinschaftlich als Gruppe über drei Sprints einen Lageplan der Insel mit zentraler Infrastruktur zu konstruieren. Die Grundlage dafür bildet ein Product Backlog mit vordefinierten User Stories und den User Stories jeweils zugeordneten Akzeptanzkritieren. Der Moderator bzw. die Moderatorin agiert zugleich als Kundin bzw. Kunde der Gruppe und bringt im Rahmen der Sprint Reviews seine bzw. ihre Zustimmung für die während der Entwicklungsphase konstruierten Lageplanbausteine zum Ausdruck. Aus didaktischer Sicht ermöglicht das Spiel Teilnehmenden nach einer Einführung in die Rollen, Events und Artefakte von Scrum erste praktische Erfahrungen in der Anwendung eines auf den Kundennutzen ausgerichteten iterativ-inkrementellen Entwicklungsansatzes zu sammeln und in die Mechanismen von Scrum hineinzuschnuppern. Das Spiel verdeutlicht dabei auch, dass Erfolg in der agilen Welt durch die Kommunikation und Disziplin der Teams entscheidend geprägt wird.

Empfohlener Rahmen

Das Spiel bietet sich für Gruppengrößen von 4-6 Personen an. Es wird nicht empfohlen, mit mehr als vier Gruppen gleichzeitig zu spielen, da ansonsten die Lehrlaufzeiten während des Reviews zu langwierig werden können und sich die Regeleinhaltung durch die Moderatorin bzw. den Moderator kaum noch kontrollieren lässt. Für die drei Sprints sind mindestens 20 Minuten einzuplanen. Parallel in den Gruppen laufen dabei das teaminterne (1) Sprint Planning (6 Minuten), die (2) Umsetzung (4 Minuten), und die (4) teaminterne Retrospektive (4 Minuten) ab. Das (3) Sprint Review (6 Minuten pro Team) begehen alle Gruppen gemeinschaftlich und nacheinander. Je mehr Gruppen teilnehmen, desto mehr Zeit ist für dieses Event entsprechend einzuplanen. Wird mit 3-4 Gruppen gearbeitet, empfiehlt sich ein Moderationsduo.

Das Spiel kann sowohl im virtuellen Raum als auch in Präsenz gespielt werden. Für die Verwendung im virtuellen Raum empfiehlt sich der Einsatz von Miro. Auf dem Miro-Board wird dafür pro Gruppe a) mittels Kanban-Werkzeug ein Taskboard mit den Spalten Product Backlog, Sprint Backlog, In Progress, In Review und Done angelegt. Das Kanban-Werkzeug befindet sich unter „more tools“ in der Werkzeugleiste. In der Product Backlog-Spalte werden anschließend die User Stories mitsamt ihrer Akzeptanzkriterien definiert. Dafür muss auf das kleine Plus-Zeichen in der entsprechenden Spalte geklickt werden und nach Benennung einer Karte müssen die Akzeptanzkriterien in den Eigenschaften einer Karte hinterlegt werden. Dafür muss eine Karte ausgewählt und entweder das Expand-Symbol oben rechts auf jeder Karte oder im kartenspezifischen Kontextmenü angeklickt werden. Ein Beispielboard ist als Miro-Board-Backup unten hinterlegt. Die Teams können sich dabei beliebig organisieren und im Rahmen des Sprint Plannings User Stories etwa durch Farbcodierung priorisieren, Bearbeitende zuweisen und Risiken oder Bearbeitungsaufwände in Form von Tags festhalten. Im Rahmen des Ablaufs ist zu beachten, dass die gruppenindividuellen Events in Breakout-Rooms stattfinden, während die Anleitung zu Beginn, die Reviews und auch eine sehr sinnvolle Reflexion zum Schluss gruppenübergreifend im Hauptraum stattfinden. Als Zeitinstrument kann die Timer-Funktion von Miro verwendet werden. Zusätzlich empfiehlt sich das Ein- und Ausblenden der Lageplan-Arbeitsbereiche durch die Moderation, um Manipulationen außerhalb der Umsetzungsphase zu erschweren. Zudem sollte die Moderation darauf achten, dass Elemente auf dem Board verankert sind (lock) und sich nicht unbeabsichtigt von den Teilnehmenden verschieben lassen. Um den Teams den Prozess ihrer Entwicklung besser vor Augen zu führen, bietet sich zudem ein Arbeitsbereich zur Dokumentation an. Hier können das jeweilige Sprint Ziel, die Story Points für jeden Sprint und die Entwicklungsstände des Task Boards und des Lageplans nach jeder Runde in Form von Screenshots dokumentiert werden. Auch ein Bereich für die Retrospektiven mitsamt von drei Leitfragen ist vorgesehen.

Bei einer Verwendung in Präsenz können die User-Stories aus der PowerPoint-Datei ausgedruckt werden. Jede User Story enthält dabei eine Vorderseite u.a. mit einer Anforderung im User Story-Format („Als XXX möchte ich YYY, damit ZZZ.“) und eine Rückseite mit Akzeptanzkriterien. Außerdem sind weitere Gestaltungselemente enthalten, so dass Schätzungen zur Komplexität der Story oder dem Risiko sowie Bearbeiter direkt auf den Karten eingetragen werden können. Auf einem Whiteboard sollten analog zum Aufbau des Miro-Boards das Task-Board und ein Dokumentationsbereich eingezeichnet werden. Die User Story-Cards erhalten die Teammitglieder oder sie werden direkt mit Magneten der Spalte Product Backlog zugeordnet. In Präsenz kann entweder ausschließlich mit farbigen Whiteboard-Makern (4 Farben genügen) und Magneten für die User Story-Cards oder zusätzlich mit farbigen Pappen, Schere und Klebestift gearbeitet werden. Durch die Verwendung von Pappe kommt allerdings zusätzliche Komplexität hinzu. Gleichzeitig lassen sich bestimmte Arbeiten jedoch auch leichter parallelisieren. Da bei der Arbeit in Präsenz Screenshots erstellt werden können, sollte die Moderation den Gruppenfortschritt im Rahmen des Sprint Review kurz durch ein Foto dokumentieren und etwa aufbereitet allen Teams im Rahmen der Nachbesprechung/Reflexion bereitstellen. Der weitere Aufbau und Ablauf kann sich an der Miro-Umsetzung orientieren.

Eine Übersicht der User Stories, ihrer Beschreibung und der Akzeptanzkriterien findet sich speziell in der Datei mit den ergänzenden Hinweisen. Die Zahl der User Stories kann dabei variiert werden. Bei drei Sprints à 4 Minuten Umsetzung und Gruppengrößen von 4-6 Personen bieten sich 15-18 User Stories an, da so ausreichend Druck aufgebaut wird und die Teilnehmenden auch priorisieren müssen. Zwischen den User Stories bestehen teilweise Abhängigkeiten, so dass Arbeitsschritte im Plan u.U. auch rückgängig gemacht werden müssen, wenn die Abhängigkeiten vom Team vorab nicht erkannt wurden.

Weiere Varianten des Spiels: Anstatt alle User Stories von vorne herein zugänglich zu machen, könnte der Moderator bzw. die Moderatorin auch Sprint für Sprint weitere User Stories freigeben oder auch im Sprint Review die Gruppenmitglieder auffordern, User Stories anzupassen. Hierdurch werden die Adaptionsfähigkeit der Gruppe aber auch die „Modularität“ des Plandesigns auf die Probe gestellt. Wegen der Abhängigkeiten zwischen den User Stories erhöht sich der Schwierigkeitsgrad für Moderation und Teilnehmende allerdings auch erheblich. In der Präsenzvariante sollten hierfür Rohling-User-Story-Karten ausgedruckt werden, die dann leicht angepasst werden können. Auch könnten Akzeptanzkriterien im Zeitverlauf angepasst werden, um weitere dynamische Elemente hinzuzuführen.

Bezug zum Coaching

Im Rahmen des Scrum-Insel-Spiels kommt der Moderation primär die Rolle eines Starthelfers (Unterstützung der Coachees bei der Weiterentwicklung ihres „Agilen Mindsets“) und Trainers (Unterstützung des Aufbaus von Scrum-bezogener Methodenkompetenz) zu. Denkbar ist jedoch auch, dass jedes Team von einem Mitglied des Moderationsteams begleitet wird und die Moderation dann teamspezifisch die Rolle eines Prozessbegleiters einnehmen. Als Scrum Master oder Agiler Coach stellt die Moderation die Einhaltung des Scrum Frameworks sicher, beobachtet die Handlungen des Teams und inspiriert zu Veränderung, etwa indem die Moderation die Gestaltung der Retrospektive übernimmt und zur teamspezifischen Reflexion anleitet.

Verwendete Werkzeuge und Quellen

Virtuell: Video-Konferenz-Tool mit Breakout-Room-Funktion (z.B. Zoom); kollaborativ nutzbares Whiteboard (z.B. Miro)

Präsenz: Arbeitsflächen (z.B. Whiteboard, Pinnwände); Farbstifte mit mindestens fünf verschiedenen Farben pro Team (darunter gelb/orange, grün, blau, rot, schwarz); wahlweise: farbiger Karton, Scheren, Klebestifte

Materialien

Download der Aufgabenbeschreibung für Teilnehmende im PDF-Format: hier

Download ergänzender Hinweise und einer Auflistung der User Stories mitsamt Akzeptanzkriterien im PDF-Format: hier

Download eines Miro-Board-Backups mit voreingerichtetem Spielbrett und Vorschau als PDF-Datei: hier

Download von PowerPoint-Slides mit einzelnen User Stories (Vor- und Rückseite) zur Durchfürung in Präsenz und User-Story-Template für PowerPoint: hier

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