Abschlussarbeiten spielerisch und systematisch konzipieren mit Thesis Designer

Kurzbeschreibung

Teilnehmende einen kompakten Überblick über Möglichkeiten der studentischen Forschung in der Wirtschaftsinformatik. Ausgewählte Aspekte des Forschungsprozesses (bspw. Thema finden, Titel formulieren, Problem definieren) werden mit spielerischen Techniken individuell und/oder in Gruppen bearbeitet. Dabei kommen Gamification-Elemente wie Avatare, Quizze, Humor und Storytelling zum Einsatz. Anhand einer Reise-Analogie werden Studierende an den Prozess der Planung und Konzeption herangeführt. Später wird dieses Wissen dazu genutzt, um den Prozess der Planung und Konzeption von Abschlussarbeiten zu verstehen. Dazu wird auf das Design Science Research Process Model von Peffers et al. Bezug genommen. Studierende sind danach in der Lage die gelernten Konzepte und Methoden im Rahmen von Seminar- und Abschlussarbeiten, sowie IT-Studienprojekten einzusetzen.

Das Instrument und Material ist geeignet, um IT-Studierende mit wenig Vorerfahrung oder auch interessierte Praktiker:innen aus Wirtschaft und Verwaltung an das Forschen in der Wirtschaftsinformatik heranzuführen, was für gemeinsame Forschungsvorhaben vorteilhaft sein kann.

Ziele des Coachings

  • Kennenlernen einer Analogie mit relevanten Bausteinen, Entscheidungen und Risiken in Vorbereitung auf das Verständnis des Forschungsprozesses in der Wirtschaftsinformatik
  • Kennenlernen eines Instruments zur Unterstützung der Konzeption von Abschlussarbeiten („Thesis Designer“
  • Kennenlernen eines Vorgehensmodells der Gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik (G-WI)
  • Kennenlernen zentraler Design-Entscheidungen bei studentischer Forschung in der G-WI
  • Kennenlernen der virtuellen Whiteboard-Software MIRO
  • Anwendung spielerischer Techniken zur Vorbereitung auf den Designprozess
  • Reflektieren ausgewählter Herausforderungen im Verlauf einer Projekt-/Abschlussarbeit in der G-WI

Empfohlene Durchführung

Die Durchführung des Coachings erfolgt primär selbstständig durch die Studierenden, d. h. sie können in ihrer eigenen Geschwindigkeit arbeiten und frei wählen, ob sie alle Schritte aller Phasen durchlaufen oder direkt zum Werkzeuggebrauch von Thesis Designer schreiten. Dadurch sollen verschiedene Präferenzmuster bedient werden. Alternativ können Coaches jedoch bei jedem Schritt moderierend, motivierend oder zur Reflexion anregend aktiv sein. Nachfolgend werden die verschiedenen Phasen erläutert.

Die Durchführung erfolgt rein virtuell.

Wir empfehlen zu Beginn die Durchführung von Phasen 1 bis 5, was in etwa 2h dauern sollte.

Anschließend kann Phase 6 begonnen werden, was sich für das Trainieren von Teilen der Konzeption einer Abschlussarbeit eignet, aber auch für die Betreuung echter Abschlussarbeiten. Phase 6 wird maßgeblich allein durch Studierende geleistet, unterstützt von Betreuenden als Coaches, die in Feedback-Phasen auftreten.

Phase 1: Warm-Up (Alternativ mit Coaches)
[10 min]

Zunächst sollten Coaches Studierende dazu auffordern mitzuteilen, was sie in eigenen Worten unter Forschung in der Wirtschaftsinformatik verstehen. Dabei sollen sie besonders auf den Prozess eingehen, d. h. wie geforscht wird, und auf das Produkt, d. h. was am Ende der Forschung bleibt. Ebenso sollen sie bewerten, welche Probleme erforscht werden können bzw. erforschenswert sind und welche nicht. Schließlich sollen Studierende ihre Unsicherheiten, Erwartungen und sonstige Einschätzungen zum Forschungsprozess in der Wirtschaftsinformatik teilen. Alternativ können Studierende auch direkt Erwartungen an die konkrete, bevorstehende Coaching-Sitzung formulieren.

Die Aussagen werden alle zentral gesammelt auf MIRO in einem eigenen Bereich. Mithilfe dieser Aussagen können Coaches ihr Vorgehen im weiteren Verlauf anpassen und gezielt Akzente setzen, um ein noch nützlicheres und relevantes Coaching für die Studierenden zu ermöglichen. Hierbei hilft es besonders, wenn Beispiele und Erläuterungen nahe am Lebenskontext der Studierenden sind, sodass sie sich leicht hineinversetzen können und mit bekanntem Wissen verknüpfen können.

Phase 2: Spielerischer Einstieg
[10 min]

Bei einer rein selbstständigen Bearbeitung werden Studierende durch einen Avatar namens „Designis“ durch das MIRO-Board und die Inhalte geführt. Dadurch soll der Einstieg erleichtert werden und ein positive, leicht-lustige Emotion geschaffen werden, die die Lernbereitschaft steigern soll. Die Sprache von Designis ist bewusst „locker“ und „alltäglich“ gewählt, um Studierende nicht unnötig zu verängstigen. Denn die Haltung gegenüber Forschung, Wissenschaft und dabei verwendetem Vokabular wirkt oft abschreckend, insbesondere bei Bachelorstudierenden. Anhand der gestrichelten Linie erkennen Studierende, wie sie sich durch das Board arbeiten können.

Bei jedem Schritt starten Studierende damit die Inhalte aus den Sprechblasen zu lesen. Das imitiert eine Kommunikation mit Coaches, in diesem Fall eben mit „Designis“. Studierende sollten das von Comics und Karikaturen kennen.

Zum spielerischen Einstieg werden Studierende vor ein Rätsel gestellt. Rätsel und Quiz-Modi sind beliebte Elemente bei Spielen und erfordern kein komplexes Regelwissen. Konkret hier sollen Studieren anhand von 4 Bildern ein Wort erraten. Dieses Wort dient als Vorbereitung des weiteren Schritts Analogie.

Phase 3: Assoziation und Analogie
[30 min]

In dieser Phase geht es darum, dass Studierende zum Begriff „Reise“ Assoziationen finden sollen. Es geht hier um freies Assoziieren und Studierende sollten genügend Zeit erhalten. Die Assoziation kann durch einschlägige Bilder motiviert werden. Es geht hierbei vor allem darum, dass Studierende aktiv einen eigenen, persönlichen Zugang finden, was sich wiederum im Gesagten bzw. Geschriebenem ausdrückt. Das kann als Unterstützung für Coaches dienen, weil sie hierbei Rückschlüsse auf das mentale Modell und Erfahrungswelt der Studierenden schließen können, was später noch wichtiger wird.

Nach der Assoziation erfolgt eine Strukturierung. Designis macht Studierenden einen Vorschlag für zentrale Eigenschaften einer Reise. Dabei werden passende Icons, d. h. visuelle Elemente, mitgeliefert.

Sobald sich Studierende mit diesen Eigenschaften und Icons vertraut gemacht haben, präsentiert Designis eine Geschichte einer Reise, die nicht erfolgreich verlaufen ist.

Die Geschichte soll Studierenden dabei helfen die verschiedenen Eigenschaften einer Reise, sowie die damit verbundenen Prozesse, Ereignisse und Herausforderungen zu reflektieren. Sie erhalten hiermit ein Anti-Pattern, d. h. ein Negativbeispiel.

Anschließend werden Studierende dazu angehalten zu überlegen, wie man so eine negative Reiseerfahrung vermeiden kann. Sie sollen dabei erkennen, dass ein Planungsproblem vorliegt, bei dem verschiedene Entscheidungen vorab getroffen werden müssen, wovon die meisten sich gegenseitig beeinflussen. Sie sollen erkennen, dass ein Risikomanagementproblem vorliegt, d. h. nach Planung erfolgt die Durchführung, die wiederum flexibel angepasst werden muss, wenn sich die Bedingungen ändern und die Planung nicht wie gewünscht ausgeführt werden kann.

Es ist hierbei hervorzuheben, dass Designis mit seinen Kommentaren nicht „von-oben-herab“ und „allwissend“ wirkt und belehrt, sondern die Studierenden auf lockere Art an die Hand nimmt, Humor hat und selbst nicht alles perfekt weiß. Jedoch weiß Designis immer, wie man irgendwie weitermachen kann, was wiederum eine wichtige Eigenschaft von Forscher:innen in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ist und auch mit vermittelt werden sollte.

Phase 4: Transfer
[30 min]

Diese Phase ist essenziell in diesem Coaching, denn jetzt beginnt der Transfer von Erfahrungswissen und spielerischem Einstieg hin zu relevanten Inhalten der Wirtschaftsinformatik-Forschung, ihren Begriffen und Prozessen. Studierende verknüpfen hierbei die Bausteine, Eigenschaften, Entscheidungen und Prozesse eine Reiseplanung mit der Planung einer Abschlussarbeit in der Wirtschaftsinformatik. Ziel hierbei ist die Abbildung der Icons, Begriffe und Fragen der Reiseplanung auf die Planung und Konzeption einer Abschlussarbeit in der Wirtschaftsinformatik, sodass bei Studierenden ein initiales, mentales Ablaufmodell aufgebaut wird.

Dazu wird zunächst ein sehr einfacher Übergang mittels drei Leitfragen gewählt, die für beide Szenarien „Reiseplanung“ und „Abschlussarbeitsplanung“ gelten können. Es geht hierbei vor allem darum Studierenden zu zeigen, wie sie mit der Beantwortung von zentralen Leitfragen ein vollständiges Konzept zur Lösung eines Problems erstellen können. Außerdem werden sie an den ingenieurstechnischen Ansatz der Problemzerlegung herangeführt, sodass sie Probleme in Teilprobleme zerlegen lernen, die sie für sich bearbeiten können. Damit sollen sie erkennen, dass sie Komplexität im Prozess der Planung und Konzeption identifizieren und navigieren können, wodurch sie beherrschbar wird.

Studierende werden von Designis aufgemuntert, da dieser Schritt viel kognitive Leistung erfordert. In einfacher und lockerer Sprache macht Designis nochmals auf zentrale Erkenntnisse aufmerksam, die Studierende hierbei haben sollten.

Im nächsten Schritt geht es zu jeder Leitfrage (WER, WAS, WIE) stärker ins Detail und Studierende sehen, wie innerhalb dieser Bereiche die Bausteine verknüpft werden und welche Entscheidungen in diesen Bereichen zentral sind. Neu sind an dieser Stelle die Felder, die eigene Bezeichnungen haben und eigene Symbole. Die Bezeichnungen stammen aus wissenschaftlichem Vokabular, wodurch Studierende die Teile aus der Reiseplanung nun mit der Planung einer Abschlussarbeit verknüpfen können.

Wenn Coaches vorhanden sind, dann sollten sie sich für jeden Bereich ausgiebig Zeit nehmen und diesen zunächst isoliert erläutern. Es sollte klar werden, dass es im Bereich WER stark um Reflexion geht, d. h. welche Personen sind am Prozess beteiligt und was zeichnet diese Personen aus. Im Bereich WAS sind Prozesse der Analyse von Bedeutung, d. h. Verbindungen zu untersuchen, sich auf Details zu fokussieren und Fragen zu formulieren. Im Bereich WIE kommt es vor allem auf Kreativität bzw. Konstruktion an, d. h. eigene Lösungswege vorschlagen, Begründungen für Entscheidungen liefern, Hilfsmittel auswählen und zu erwartendes Ergebnis bestimmen.

Der WIE-Bereich kommt der Reiseplanung sehr nahe. Studierende sollen davon ausgehend erkennen, dass es auch andere Ziele als Reisen geben kann (WAS-Bereich) und dass es durchaus darauf ankommt, wer eine Reise plant oder versucht ein Ziel zu erreichen (WER-Bereich).

Sobald Studierende jeden Bereich für sich verstanden haben, dann können sie versuchen diese Bereiche vernetzt zu denken und bei der Gestaltung eigener Ideen zu vernetzen. So kann es beispielsweise vorkommen, dass die Fragen WAS und WIE perfekt beantwortet wurden, jedoch keine passende Person zur Durchführung verfügbar ist. Alternativ kann eine Person (WER) sehr gut zu einem geplanten Vorgehen (WIE) passen, aber die beiden Bereiche nicht zum Problem und Ziel (WAS). Studierende sollen also verstehen, dass Konsistenz, d. h. Passung innerhalb der Felder eines Bereichs, nicht direkt bedeutet, dass das Gesamtkonzept schlüssig ist, d. h. kohärent.

Studierende sollen an dieser Stelle erkennen, dass die Planung und Durchführung ihrer Abschlussarbeit ähnlich ist wie die einer Reise. Dabei sollen sie sich frühzeitig klar machen, welche Entscheidungen zentral sind, welche Schritte sie mindestens gehen müssen, wie sie vorgehen können, welche Probleme auftreten können und auch, wann die Reise vorbei ist bzw. das Konzept für eine Abschlussarbeit vollständig und korrekt ist.

Wenn Coaches verfügbar sind, dann sollten sie jetzt an dieser Stelle nochmals die Studierenden reflektieren lassen, inwiefern sie finden, dass das Reisebeispiel passt und wo nicht. Sie sollen in eigenen Worten nochmals sagen, wie sie die Planung einer Abschlussarbeit verstehen, auf welche Entscheidungen es ankommt, welche Prozesse zentrale sind und welche Schwierigkeiten wohl auftreten könnten.

Phase 5: Design Science Prägung (Alternativ mit Coaches)
[30 min]

Wenn Coaches dies wünschen, dann können sie mit Studierenden nochmals darauf eingehen, inwiefern die „Forschungsreise“ mit Forschung in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik bzw. Design Science Research zusammenhängt.

Coaches könnten hierbei nochmals deutlich machen, in welchen Phasen und bei welchen Schritten gebaut wird und wo evaluiert wird. Dabei sollte klar werden, was das Ziel hierbei ist und wie man dabei vorgehen kann. Außerdem können hierbei auch Begriffe geklärt werden wie Problem- und Lösungsraum. Schließlich sollte der Begriff „Design Science Research“ eingeführt werden und mit einem beispielhaften Prozessmodell erläutert werden. Das kann u. a. mit dem Design Science Research Process Model von Peffers et al. gelingen.

Der Vorteil liegt darin, dass dieser Prozess in seiner Komplexität wieder zerlegbar ist, d. h. sehr nahe am Analogiebeispiel der Reise. Zudem bietet auch dieser Prozess verschiedene Einstiegspunkte, was dem hier vorgestellten Beispiel wieder ähnelt.


Phase 6: Planung und Konzeption eigener Forschungsideen
[kontinuierlich]

In dieser Phase wenden Studierende ihr neu erworbenes Wissen selbstständig auf ein selbst gewähltes Thema an. Sie haben hierzu zwei Möglichkeiten: Bearbeitung in MIRO, Webanwendung Thesis Designer

(1) Bearbeitung in MIRO mit Hilfsmitteln.

Die Studierenden können anhand von in MIRO eingebetteten Vorlagen und Hilfsmitteln direkt beginnen erste Konzepte zu generieren. Dazu steht Ihnen eine Reihe an Hilfsmethoden und ein Erklärvideo bereit.

Nachdem Studierende ein erstes, vorläufiges Konzept erstellt haben, d. h. Felder ausgefüllt haben, können sie Feedback von Coaches in virtuellen Live-Coachings einholen.

Die Vorlage in MIRO ist so angelegt, dass die Veränderungen zwischen jeder Coaching-Einheit nachvollziehbar sind.

(2) Webanwendung Thesis Designer

Die Studierenden können mit der Webanwendung Thesis Designer arbeiten. Darin erstellen sie strukturiert und angeleitet vollständige Konzepte, die sie exportieren können. Dieser Export im PDF-Format kann dann als E-Mail an Betreuende gehen oder direkt in ein MIRO-Board gelegt werden. Der Prozess wäre dann identisch wie bei (1).


Sonstige Informationen

Dauer: 90-120 min Anlernphase (1-5) + variable Zeit für Anwendungsphase (6)

Durchführungsart: Virtuell

Verwendete Software: ZOOM + MIRO (keine Registrierung vorab nötig)

Veranstaltungsart: Selbstlernen, 1:1 Coaching, 1:n Coaching

Durchführungsvoraussetzungen: Internetverbindung, Web-Browser, Laptop/PC

Materialien:

Hintergrundinformationen und Video mit Erläuterung des virtuellen Coachings und der Anwendung der Webanwendung Thesis Designer: https://www.proxlab.winf.uni-hildesheim.de/angebot/thesisdesigner/

Webanwendung Thesis Designer: https://turkelten.github.io/Desktop/Bachelorarbeit/Eclipse%20Workshop/Prototyp%201.0/src/main/webapp/index.html

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